FLIX

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27.10.2014 15:39

27.10.14

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Die Geschichte eines Deutschen Schäferhundes

In einer SV-Ortsgruppe gab es einen Übungswart, der sich einen Welpen aus einem recht bekannten Zwinger kaufte.

Wie üblich, begann er den Hund mit etwa einem Jahr zu "arbeiten" (Gott, wie ich diese Formulierung hasse), vorher durfte Flix im Zwinger sitzen und "seine Jugend geniessen". Da der Hund recht intelligent und sehr hart im Nehmen war, konnte er alsbald die IPO3-Prüfung absolvieren und das Team startete sogar auf Landesgruppenebene.

Mit etwa 4-5 Jahren begann Flix aber, sein Herrchen zu "verarschen" - er wollte einfach nicht mehr so recht mitmachen, verweigerte öfter mal den Gehorsam, die Arbeit am Helfer liess zusehends nach.

Was macht der erfahrene Schutzhundler nun mit einem Hund, der ihn "verarscht", "blamiert" oder "blossstellt"?

Der muss eben mal richtig rangenommen werden - so der allgemeine Tenor im Vereinsheim; und da der Hundebesitzer sowieso nicht zart besaitet war, musste der Hund eben ein bisschen leiden. Alles völlig "normal" - den bringen wir schon wieder in die Spur zurück! Komischerweise halfen Stachelhalsband & Co. aber immer nur sehr kurzfristig, der Hund wollte in Unterordnung und Schutzdienst einfach nicht mehr so wie Herrchen.

Nun war unser Flix aber auch ein recht schöner Hund mit Körklasse 1, sollte also seine Gene weitergeben. Eine Hündin kam zum Deckakt und - es ging nicht. Flix konnte nicht aufsteigen! Der Besitzer der Hündin, ein erfahrener Züchter, vermutete eine Spondylose beim Rüden.

Ein Untersuchung beim Tierarzt bestätigte den Verdacht dieses Züchters.

Die ganzen Experten im Verein hatten nichts bemerkt und den Hund monatelang gequält, nur weil er vor Schmerzen nicht wie gewohnt "funktionierte"...

Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass so etwas nur im "bösen" Verein für Deutsche Schäferhunde vorkommt (so böse ist der Verein als solcher wirklich nicht) oder dass solche Sachen nur bei Gebrauchshundesportlern vorkommen; oft sind es ganz normale Leute, die ihre ganz normalen Hunden mit allen möglichen und unmöglichen Therapien "hinbekommen" wollen. Oft wird das umgesetzt, was aktuelle Hundeflüsterer im Fernsehen zum Besten gegeben haben, was in angesagten Büchern steht oder was in Internet-Foren oder Facebook empfohlen wird. Ich möchte auch gewerbliche Hundetrainer nicht freisprechen, die nicht über das einst Gelernte hinweg denken können und sich auf DIE eine, heilsversprechende Trainingsmethode beschränken. Wenn sich diese Methode dann auch noch auf  Wurfscheiben, Rappeldose und ähnliches beschränken, sieht es für die meisten Hunde echt übel aus.

Wenn Sie als Hundehalter körperliche Beschwerden vermuten (oder der Hundetrainer bzw. -Betreuer Ihres Vertrauens etwas in dieser Richtung ausspricht), dann suchen Sie bitte diesbezüglich einen Tierarzt auf und lassen sich dort auch nicht abspeisen.

Sie selbst und auch Ihr Trainer/Betreuer kennen Ihren Hund auf jeden Fall besser als jeder Tierarzt. Wir dürfen nicht in Ehrfurcht erstarren vor einem weissen Kittel - schliesslich sind wir nicht nur Patienten, sondern auch Kunden. Ich habe schon oft erlebt, dass sich Hundehalter eher beim Autohändler durchsetzen als bei ihrem Tierarzt.

Sollte Ihnen vom Veterinär eine Kastration (auch "nur" chemische per Chip) zur Verhaltenskorrektur empfohlen werden, nehmen sie am besten Reißaus (bitte den Hund nicht vergessen!).  Ich habe in den vielen Jahren im "Geschäft" nur drei Rüden erlebt, bei denen ich selbst eine Kastration empfohlen hatte, die dann auch nach Rücksprache mit mindestens zwei Veterinären durchgeführt wurde. Bei einem war die Kastration medizinisch begründet (Einhoder), die anderen beiden waren so in ihrer Hypersexualität gefangen, dass nichts mehr zu ihnen durchdringen konnte. Nach dem Eingriff konnten beide endlich lernen, mit ihrer Umwelt zurecht zu kommen.  

Warum habe ich das nun in dieser Form geschrieben? Ich wollte einfach zeigen, dass selbst Hundehalter und -Trainer mit jahrzehntelanger Erfahrung oft nicht daran denken, dass ein ungewöhnliches oder unerwartetes Verhalten auch eine körperliche Ursache haben kann. Auf der anderen Seite ist aber z.B. aber gerade der Ruf nach einer Schilddrüsenuntersuchung sehr modern (vor einigen Jahren wurde bei jedem Problemchen "Stress" diagnostiziert, es wird eben alle paar Jahre eine neue Sau durchs Dorf getrieben), dies sind Extreme der anderen Seite. Wir alle sollten mit Augenmass und Verantwortung an das Thema Hundeverhalten herangehen - mehr will ich gar nicht erreichen!

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